HD: Karl, erzähl mal, wie bist du in die Zeitarbeit gekommen?
KF: Gelernt habe ich bei „Elektro Kammerhofer“ in Steyr. Dann ging ich in die „Steyr-Werke“ in den Störungsdienst. Nach der ersten Scheidung hab ich Geld gebraucht und so bin ich 1983 in die Zeitarbeit gegangen. Dort habe ich auf Montage inkl. Reisekosten und Diäten das Doppelte verdient – damals immerhin 22.000,- Schilling, das sind heute 1.600,- Euro netto.
HD: Zeitarbeit war ja damals noch nicht so verbreitet wie heute. Wie war denn das bei dir?
KF: Die ersten Jahre als Zeitarbeiter waren schwierig, weil die Stammmitarbeiter geglaubt haben, dass wir ihnen ihre Arbeit wegnehmen. Im Laufe der Zeit sind wir bei den meisten Betrieben ein fixer Bestandteil der Mannschaft geworden und sogar immer wieder angefordert worden.
HD: Als Elektromonteur in der Zeitarbeit sieht man viel. Woran erinnerst du dich besonders?
KF: Mein erster Einsatz war in einem computergesteuerten Kalkwerk in Kärnten, über den Beschäftiger Siemens Klagenfurt. Es war spannend, weit weg, gut bezahlt und interessant. Im Laufe der Jahre habe ich dann über verschiedenste Beschäftiger die halbe Welt gesehen. Südkorea, Rumänien, Polen, Frankreich, Slowenien, China, etc. Ich bin dorthin gekommen, wo andere auf Urlaub hinfahren. Ich habe Kulturen und Küchen kennengelernt, weil ich mit den Kollegen aus dem jeweiligen Land gut zusammengearbeitet habe. Ich hatte immer ein sicheres Gefühl – wenn es mir schlecht geht oder etwas passiert, holen die mich heim.
HD: Wie haben sich die vielen Montageeinsätze auch im Ausland auf dein Familienleben ausgewirkt?
KF: Durch die vielen Montage- und Auslandseinsätze, bei denen ich sehr viel und lange gearbeitet habe, hatte ich auch immer wieder sehr viel Freizeit zu Hause. Dadurch, dass ich überdurchschnittlich gutes Geld verdient habe, konnte ich meiner Familie auch etwas mehr bieten als manch andere.
HD: Als Zeitarbeiter muss man sich vielleicht sogar schneller weiter entwickeln als ein Stammmitarbeiter. Wie war denn das bei dir?
KF: Ich habe viele Technologien und Betriebe gesehen. Von Papiermaschinen bis Galvanoanlagen, Kraftwerke und allerlei Industrieanlagen. Es wurde nie langweilig. Die Jobs wurden immer besser, weil ich ständig dazu gelernt habe. Man nimmt bei jedem Einsatz auch Erfahrung und Wissen mit.
HD: Hast du auch schlechte Erfahrungen gemacht?
KF: Bei den wenigen schlechten Erfahrungen habe ich gewusst, dass es wieder enden wird und der nächste Einsatz wartet. Wenn es das eine oder andere Mal gar nicht gepasst hat, hat mir der Überlasser eine neue Arbeit gesucht. Woanders hätte ich kündigen müssen.
HD: Was würdest du einem jungen Zeitarbeiter mit auf dem Weg geben?
KF: Einem jungen Arbeiter würde ich sagen, dass in der Zeitarbeit die Zukunft liegt. Wenn du dich fachlich weiter entwickelst und persönlich anpasst, dann wird man immer wieder angefordert. Mein Zeitarbeitergesetz war aber auch immer „sei nicht gescheiter als die Leute, bei denen du eingesetzt bist!“
HD: Und was machst du jetzt in deiner Pension mit der vielen Zeit?
KF: Ich bin seit eh und je leidenschaftlicher Fischer. So genieße ich die Stille der Natur und freue mich abends auf meine jetzige dritte Frau, die ich bei einem Einsatz in Polen kennengelernt habe. Auch sie ist heute in Österreich und zufriedene Zeitarbeiterin.
HD: Karl – danke für deine engagierte und treue Arbeit. Genieße die verdiente Pension mit Gesundheit, Zufriedenheit und Petri heil…